„Ich vermache die drei Häuser im Stadtzentrum meinem jüngsten Sohn und meiner Schwiegertochter Sofía, weil sie geschäftstüchtig und pflichtbewusst sind.“
„Meiner ältesten Schwiegertochter Ana vermache ich nichts, weil ich darauf vertraue, dass sie klug genug ist, sich nicht zu beschweren oder zu streiten.“ Ich senkte den Kopf, ohne zu protestieren oder zu weinen.
Doch in mir breitete sich eine Leere aus.
Fünfzehn Jahre voller Entbehrungen waren auf einen kurzen Satz reduziert: „Sie beschwert sich nicht.“ Am selben Nachmittag putzte ich in aller Ruhe Doña Teresas Zimmer. In einer Ecke der Küche stand eine Tüte mit ausrangierten Gegenständen, die Sofía wegwerfen wollte. Darin fand ich die Keramiktasse, die ich ihr vor über zehn Jahren gekauft hatte – die mit dem Gummiboden, um Verbrennungen zu vermeiden, genau die Tasse, die ich ihr jeden Abend benutzte, um ihr warme Milch oder Wasser zu servieren. Sie war verblichen, der Gummiboden ausgefranst und fast locker. Instinktiv wusch ich sie, um sie als Andenken zu behalten.
Als ich ihn abtrocknete, bemerkte ich, dass das Gummiteil seltsam hervorstand. Neugierig löste ich es mit einem kleinen Messer ab. Darin versteckte sich ein winziges Stück Papier, sorgfältig in Nylon gewickelt und zusammengerollt.
Meine Hände zitterten, als ich es auspackte. Die Handschrift war unverkennbar ihre:
„Ana, wenn du diese Tasse noch hast, bedeutet das, dass du dich an die kleinen Dinge erinnerst. Verzeih mir, dass ich dich nicht fair behandelt habe. Ich habe die drei Häuser unter Zwang aufgegeben, aber dies ist das Erbe, das ich speziell für dich aufbewahrt habe. Bring diese Nachricht zu Rechtsanwalt Ernesto Valdez an die hier angegebene Adresse.“ Ich saß schweigend da.
Nachdem er die Details überprüft und die Nachricht studiert hatte, nickte der ältere Anwalt und reichte mir eine Akte.
„Wie Doña Teresa angewiesen hat. Dies ist ein privates Testament, das nur eingesehen werden kann, wenn du das in der Tasse versteckte Dokument mitbringst.“
Ich schnappte fast nach Luft, als er laut vorlas: „Ich – Teresa García – vermache meiner ältesten Schwiegertochter Ana all meine Ersparnisse in Höhe von drei Millionen Pesos und ein 250 Quadratmeter großes Grundstück in Oaxaca. Ich habe es über viele Jahre hinweg heimlich zurückgelegt. Danke, dass du zu mir gehalten hast, auch als ich dich scheinbar zurückgewiesen habe.“
Tränen flossen, nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Anerkennung, die ich gesucht hatte. Drei Tage später, als die Großfamilie wieder zusammenkam, um die Verteilung zu besprechen, waren alle von der Nachricht fassungslos. Meine Schwägerin Sofía drückte ihren Unglauben aus, mein Mann Jorge schwieg, und meinem Schwiegervater füllten sich die Augen mit Tränen. Dieser alte Becher, der nutzlos schien, hatte das wertvollste Geschenk für eine Schwiegertochter geschützt, die zuvor unbeachtet geblieben war.