In einer Gesellschaft, in der Konsum selbstverständlich erscheint und die Supermarktregale immer voll sind, entfaltet sich still und leise eine erschütternde Realität.

Ein älterer Mann von 82 Jahren wurde kürzlich in einem Rotterdamer Supermarkt mit Lebensmitteln unter seinem Mantel erwischt. Kein Fluchtversuch, kein Widerstand, nur ein Flüstern, das den ganzen Laden zum Schweigen brachte: « Mit meiner staatlichen Rente komme ich nicht über die Runden. » Dieses Ereignis, so klein es auch sein mag, legte eine schmerzhafte Kluft offen, die viel zu oft unsichtbar bleibt.
Der Mann, der hier fiktiv « Jan » heißt, hatte in seiner Jacke keine Luxusprodukte versteckt. Es ging um grundlegende Dinge: eine Packung Milch, einen Laib Brot, etwas Gemüsekonserven.
Er handelte nicht aus bösem Willen, sondern aus purer Verzweiflung. Seine Ehrlichkeit im Moment der Entdeckung berührte jeden, der daneben stand. Keine Worte des Protests, nur ein Blick, der aussprach, was niemand hören wollte: Hunger und Armut in einem der wohlhabendsten Länder Europas.
Die Mitarbeiter des Ladens hielten sich an das Protokoll, wie es sich gehörte, aber das Herz war sichtlich gebrochen. Die Polizei, die am Tatort eintraf, entschied sich für Menschlichkeit statt für Repression.
Es gab keine Geldstrafe, keine Zelle, nur ein Gespräch. Dieses Gespräch wurde bald zum Beginn einer breiteren Diskussion darüber, wie es möglich ist, dass ältere Menschen wie Jan überhaupt in diese Situation geraten.
Jan hat sein ganzes Leben lang auf dem Bau gearbeitet. Er schleppte Steine, legte Dächer, baute Häuser – im wahrsten Sinne des Wortes und im übertragenen Sinne. Sein Körper ist weg, seine Ersparnisse verflüchtigen sich in den medizinischen Kosten.
Seine monatliche staatliche Rente von mehr als 1.300 Euro mag ausreichend klingen, ist es aber nicht mehr. Schon gar nicht in einer Stadt wie Rotterdam, in der Miete, Gesundheits- und Energiekosten jeden Monat wie eine Wand auf ihn einprasseln.
Was nach dem Bezahlen der Fixkosten übrig bleibt, reicht oft nicht für eine nahrhafte Mahlzeit. Ein Stück Obst oder frisches Gemüse wird zum Luxus. Ein geselliger Ausflug, eine Tasse Kaffee auf der Terrasse – das gibt es einfach nicht mehr. Jeder Euro wird betrachtet und abgewogen. Und wenn doch mal etwas schief geht, bleibt nur Scham und Schweigen.
Dieses Schweigen ist bezeichnend. Viele in der gleichen Position halten sich unsichtbar. Die Generation der « Nicht beschweren, sondern bären » spricht nicht gerne über Geldsorgen.
Doch es gibt Anzeichen für eine stille Krise: Ältere Menschen lassen Mahlzeiten ausfallen, Rechnungen werden nicht bezahlt, Medikamente werden nicht abgeholt, weil die Wahl zwischen Gesundheit und Miete getroffen werden muss.
Hilfsorganisationen schlagen schon länger Alarm, scheinen aber nur dann Gehör zu finden, wenn etwas schief geht. Vorfälle wie der von Jan zeichnen ein schmerzhaftes Bild von den zugrundeliegenden Problemen. Aber wie viele Jans gibt es noch? Wie viele ältere Menschen leben ruhig in Armut, unsichtbar für Statistiken, politische Entscheidungsträger und den Rest der Gesellschaft?
Jüngsten Zahlen zufolge leben Zehntausende ältere Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Alleinstehende Senioren ohne Zusatzrente sind besonders in Schwierigkeiten.

Die Kosten steigen, die staatliche Rente hinkt hinterher. Gleichzeitig sind die bestehenden Regulierungen oft so kompliziert oder versteckt, dass sie über ihr Ziel hinausschießen. Viele Menschen wissen einfach nicht, worauf sie Anspruch haben, oder trauen sich aus Stolz oder Scham nicht, um Hilfe zu bitten.
Deshalb ist ein Wandel notwendig. Die automatische Zuteilung von Zertifikaten würde bereits einen großen Unterschied machen. Auch die Kommunen müssen proaktiver agieren und lokale Hilfsinitiativen aktiv unterstützen.